Herausforderungen an die Pflege in der Langzeitversorgung
Bern, 7. August 2014
Vor 40 Jahren traten ältere Menschen ins Heim ein, weil sie zu Hause über die Türschwelle stolperten und hinfielen oder die steilen Stiegen nicht mehr bewältigten. Heute bleiben sie mit der Spitex so lange wie möglich zu Hause wohnen und treten erst ins Heim ein, wenn sie stark pflegebedürftig sind. Das sagte Frau Andrea Hornung, Abteilungsleiterin Alter im Alters- und Behindertenamt (ALBA) der Gesundheits- und Fürsorgedirektion Bern (GEF), an einer Veranstaltung im Alters- und Pflegeheim Frutigen. Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und –männer SBK organisierte die Veranstaltung zusammen mit den Pro Senectute Alters- und Pflegeheimen in Frutigen und Reichenbach. Rund 40 Interessierte aus der Pflege nahmen teil und beteiligten sich an der schliessenden Diskussion, die noch lange hätte weiter geführt werden können, aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit beendet werden musste.
Der Anteil stark pflege- und betreuungsbedürftiger älterer Menschen über 85 Jahre im Alters- und Pflegeheim steigt stetig an. Ältere Menschen bleiben solange wie möglich mit Unterstützung zuhause und der Eintritt ins Altersheim erfolgt oft unvorbereitet nach einer Krankheit, einem Unfall oder wenn nicht mehr auf eine hausinterne Unterstützungsperson oder die Spitex zurückgegriffen werden kann. Die Pflege ist gefordert und muss sich mit zunehmend komplexen Krankheitsbildern, chronischen Krankheiten wie Demenz und individuellen sozialen Situationen auseinander setzen. Doch nicht nur die demographischen Veränderungen stellen eine Herausforderung dar, sondern auch der steigende finanzielle Druck.
Der Gesundheitszustand, in welchem die Menschen heute ins Heim eintreten ist denn auch der Grund dafür, dass in die Aus- und Weiterbildung des Personals investiert werden muss. Weil die alten Menschen im Heim heute kränker sind als vor 40 Jahren, haben sich die Anforderungen an das Pflegepersonal grundlegend verändert. Darin waren sich die Anwesenden in der angeregten Diskussion mit Frau Hornung einig. Um eine gute Pflegequalität zu erhalten ist deshalb eine ausreichende Anzahl von diplomierten Pflegefachpersonen in den Heimen erforderlich. Auch fachvertiefende Weiterbildungen für Fachangestellte Gesundheit und Betreuung sind notwendig. Aufgrund der unterschiedlichen Kompetenzen, die in den Ausbildungen in Schule und Praxis erworben werden vermögen sie aber die in der Grundausbildung erworbenen Kompetenzen einer Pflegefachfrau nicht zu kompensieren, sagte Helena Zaugg, Präsidentin des SBK Bern. Das ist heute so und wird sich in der Zukunft noch verschärfen, machte Frau Hornung aufmerksam.
Der Mangel an Pflegefachpersonen kann nur mit vereinten Kräften bewältigt werden, darin war man sich in der angeregten Diskussion einig. Die Führungs- und Fachpersonen in den Betrieben müssen ihre Mitarbeiterinnen motivieren, sich weiter zu bilden. Das Befriedigende, Freudige und Gute, das der Beruf bereithält, war unter den Anwesenden zu spüren. Diese Freude am Beruf soll auch vermittelt werden, um die Mitarbeiterinnen zu motivieren, damit längerfristig die Anzahl der diplomierten Pflegefachpersonen gesichert ist.
Hier zeigte sich aber ein gravierendes Problem: Fachangestellte Gesundheit mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis beispielsweise können sich die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau oft finanziell nicht leisten, und die Alters- und Pflegeheime verfügen nicht über die finanziellen Möglichkeiten, sie substantiell zu unterstützen. Hier sind Lösungen gefragt, an der sich der Kanton beteiligen muss, wenn er seinem Auftrag gerecht werden will, die Bevölkerung auch im Alter gesundheitlich qualitativ gut zu versorgen.
Die Rolle der Pflege für ein zuverlässiges, tragfähiges und finanzierbares Gesundheitswesen ist zentral. Damit aber professionelle Pflege möglich ist, braucht es attraktive und familienfreundliche Arbeitsbedingungen, angemessene Löhne und nicht zuletzt die Anerkennung der fachlichen Kompetenzen.
Für Auskünfte: Helena Zaugg, Präsidentin SBK Bern, 079 267 01 19